Wie steht es um die digitale Nachrichtenkompetenz der deutschen Bevölkerung? Das haben Anna-Katharina Meßmer (Stiftung Neue Verantwortung), Leonie Schulz (pollytix research gmbh) und Alexander Sängerlaub (futur eins) in einer groß angelegten Studie erforscht.

In der bundesweiten Studie "Quelle: Internet?" wurden 4191 Personen über 18 Jahren in Online-Interviews rund um das Thema Nachrichtenkompetenz befragt und getestet. Dabei ging es vor allem um die Fähigkeit zur Navigation in digitalen Medienumgebungen, die Beurteilung der Qualität von Nachrichten und Inhalten, das Prüfen von Informationen und Quellen, die Diskursfähigkeit sowie Kenntnisse über die Funktionsweise von digitalen Öffentlichkeiten.

Was die digitale Informations- und Nachrichtenkompetenz der deutschen Bevölkerung betrifft, besitzen die meisten Menschen hier lediglich Grundkenntnisse. 46 % der Teilnehmenden erreichten geringe oder sogar sehr geringe Kompetenzwerte, 33 % erreichten mittlere und nur 22 % erreichten sehr hohe Werte. Von 30 möglichen Punkten erreichten die etwa 4.200 Befragten im Schnitt nur 13,3 Punkte. Das Alter hat einen großen Einfluss auf die Nachrichtenkompetenz: 18- bis 29-Jährige schneiden mit 15,2 Punkten im Durchschnitt besser ab, wohingegen Menschen im Alter zwischen 40 und 49 nur noch 13,2 und Menschen zwischen 60 und 69 nur noch 12,9 Punkte erreichten. Gleichzeitig steht die Kompetenz auch mit der Schulbildung in Zusammenhang: Personen mit niedriger formaler Bildung erreichten im Schnitt 11,2 Punkte, mit mittlerer 12,7 und mit hoher 16,2.

Der überwiegenden Mehrheit 59 % gelingt es, Neutralität und Vertrauenswürdigkeit einer Quelle einzuschätzen. Trotzdem fiel es den Befragten schwer, Interessenkonflikte zu benennen. Zum Beispiel erkannten 65 %, dass der Geschäftsführer eines Flugreiseportals keine neutrale Quelle ist, doch nur noch die Hälfte konnte erklären, worin der Interessenkonflikt besteht, wenn dieser über Flugreisen schreibt. Ebenfalls zeigt sich in der Studie, wie wenig wirksam zum Beispiel der Faktencheck von Facebook und YouTube ist. Maximal ein Viertel der Befragten identifizierte die Faktencheck-Markierung als hilfreich, um Falschinformation zu erkennen.

Die Probandïnnen zweifeln auch an der Unabhängigkeit der Medien. Ein Viertel der Teilnehmenden teilt „Lügenpresse“-Vorwürfe. Der Aussage, dass Medien und Politik Hand in Hand arbeiten würden, um die Bevölkerung zu manipulieren, stimmten 25 % der Befragten zu, weitere 28 % sagten teils/teils. 24 % der Probandïnnen glaubten außerdem, dass Medien sie systematisch belügen.

Ebenfalls dokumentiert die Studie, wie wenig die Befragten über das deutsche Mediensystem wissen. Nur die Hälfte der Teilnehmenden konnte korrekt beantworten, dass Bundestagsabgeordnete keinen direkten Einfluss auf die Berichterstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks haben. 35 % der Befragten denken zudem, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk der Staatsministerin für Kultur und Medien unterstellt sei (weitere 40 % gaben hier „weiß nicht“ an).

Laut den Autorïnnen braucht es transparente journalistische Angebote, bessere Schul- und Erwachsenenbildung und bessere Plattform-Architekturen, um den Bürgerïnnen zu helfen, sich in der immer komplexer werdenden Medienlandschaft zurechtzufinden.

Über die Studie berichteten unter anderem der Spiegel, Deutschlandfunk, die Süddeutsche Zeitung, der Tagesspiegel und der Bayerische Rundfunk. Die gesamte Studie ist auf der Seite der Stiftung Neue Verantwortung herunterladbar. Das Projekt wurde zusammen mit der pollytix research gmbh durchgeführt und gefunded von der Bundesbeauftragten für Kultur und Medien (BKM), der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) der Landesmedienanstalt Nordrhein-Westfalen (LfM NRW) sowie der Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb).

Unsere Kollegïnnen von nach morgen haben aus der Studie einen interaktiven Nachrichten-Test gebaut. Hier könnt ihr jetzt eure eigene Nachrichtenkompetenz prüfen. Viel Erfolg!