Debattenkultur in Deutschland #btw21
Zusammen mit reset.tech und pollytix veröffentlichten Leonie Schulz und Alexander Sängerlaub kurz nach der Bundestagswahl 2021 den Studienbericht "Hass, Hetze, Desinformation und Debattenkultur im Bundestagswahlkampf", um zu zeigen, welche Rolle Hate Speech und Desinformation aus Sicht der (3.210 repräsentativ befragten) Wählerinnen und Wähler im Bundestagswahlkampf 2021 spielten – und welche verheerenden Wirkungen das auf die digitale Debattenkultur im Land hat.
Executive Summary
Wie haben die Wahlberechtigten den Bundestagswahlkampf 2021 im Internet und in den Sozialen Medien erlebt? Wie verbreitet waren Hass, Hetze und Desinformation nach Auffassung der Bürger:innen? Diesen Fragen sind wir in einer repräsentativen Befragung von 3.210 wahlberechtigten Internetnutzer:innen wenige Tage nach der Bundestagswahl nachgegangen.
Desinformation
Auch Desinformation hat nach Auffassung der befragten Internetnutzer:innen eine Rolle im Wahlkampf gespielt, insbesondere in den Sozialen Medien. 45 Prozent glauben, dass es im Wahlkampf viele Falschinformationen in den Sozialen Medien gab. Als mögliche Folge dessen, sagen 41 Prozent, dass sie im Wahlkampf oft nicht wussten, welcher Information sie glauben sollen. Jüngere hatten dieses Gefühl noch etwas häufiger.
Dass die Medien nicht korrekt über Parteiprogramme und Kandidat:innen berichtet haben, vermuten 38 Prozent. Diese Vermutung ist besonders stark unter AfD-Wähler:innen ausgeprägt (67 Prozent Zustimmung). An eine Manipulation der Wahl glauben insgesamt 19 Prozent, also fast jede:r Fünfte Wahlberechtigte; unter AfD-Wähler:innen sogar eine Mehrheit von 57 Prozent.
Etwa 9 von 10 Social Media-Nutzer:innen sind bereits Desinformationen in Sozialen Medien begegnet. Warnhinweise der Plattformen an desinformativen Beiträgen haben hingegen nur 29 Prozent der Social Media-Nutzer:innen schon einmal gesehen. Am häufigsten fallen diese Hinweise bei Facebook auf. Insgesamt haben 27 Prozent der Facebook-Nutzer:innen bereits einen Warnhinweis an einem Beitrag gesehen – bei Twitter hingegen nur 13 Prozent der Nutzer:innen, bei Instagramm 12 Prozent und bei TikTok 9 Prozent der jeweiligen Nutzer:innen.
Debattenkultur
Als mögliche Folge der wahrgenommenen Hetze und Desinformation in den Sozialen Medien sieht die Mehrheit (58 Prozent) der Social Media-Nutzer:innen die dort geführte Debatten zur Wahl als wenig bereichernd. Für 64 Prozent ging es zu wenig um die wirklich wichtigen Themen. Die Hälfte der Nutzer:innen (51 Prozent) hat sogar bewusst keine Informationen rund um die Bundestagswahl in den Sozialen Medien verfolgt. Für ein Viertel waren die Debatten in den Sozialen Medien hingegen hilfreich bei der Wahlentscheidung; unter Jüngeren sogar für ein Drittel
Unter den abgefragten Online-Nachrichtenangeboten ist die wöchentlich meist genutzte Online-Nachrichtenquelle Tagesschau.de (39 Prozent). Nur AfD-Wähler:innen nutzen dieses Angebot der öffentlich-rechtlichen Medien deutlich unterdurchschnittlich (28 Prozent). Insgesamt unterscheidet sich der Medienkonsum der AfD-Wähler:innen vom Nutzungsverhalten der Wähler:innen anderer Parteien deutlich. So nutzen sie überdurchschnittlich häufig Bild.de (28 Prozent) und – als einzige Wähler:innen-Gruppe – überdurchschnittlich häufig RT Deutsch (12 Prozent) und Epoch Times (4 Prozent). Hinsichtlich Social Media-Angeboten und Messengern fällt auf, dass AfD-Wähler:innen überdurchschnittlich oft mindestens täglich Facebook (57 Prozent), YouTube (43 Prozent) und Telegram (17 Prozent) nutzen.