7 Gedanken zum Stand der Debatte um Desinformation

1. Vieles wird schlimmer: Seit der Übernahme von Twitter durch Elon Musk ist X zum libertären Hort des Grauens verkommen. Es darf wieder gehasst, gelogen und geshitstormt werden. Alles Erreichte (und Twitter war far ahead im Vergleich zu Meta & TikTok) ist nun sprichwörtlich für die Katz (die in Springfield bekanntlich gegessen wird...). 🙀

Auch bei den anderen Resilienzfaktoren sieht es – zumindest für die USA – weiter düster aus. Regulierung: nicht zu erwarten (auch nicht von Harris mit Großspendern aus der Tech-Industrie), Medienvertrauen: schon lange gering; nur jeder 3. traut dort den Medien (DNR24), News Literacy: laut Studien noch schlimmer als hier.

2. Manches wird besser: In Europa schaut man gespannt auf den DSA und was er genau bringen wird. Das Gute: Europa reguliert und setzt damit auch Standards. Wie viel das bringen wird: Bleibt abzuwarten. Hass und Desinfo sind jedoch – Stand 2024 – eher ein größeres Problem als 2016/2017.

3. Holistisch: Die Diskussion wird intersektoraler, soziologischer und umfassender. Die Disziplinen hören sich zu und versuchen, voneinander zu lernen. Man diskutiert nicht mehr über Einzelmaßnahmen wie Fact-Checking, sondern über die Resilienz der Informationsökosysteme. Like it. ✌️

4. Populismus ist eben auch ein Gradmesser, wie gut die Politik ist. Scheitern politische Systeme der Mitte, haben Radikale, Systemumstürzler und Populisten freie Fahrt. Diejenigen die glauben, "man müsse nur besser kommunizieren", werden (gottseidank) weniger (es gibt sie aber noch). 🙄

5. It's the media, stupid! Desinformation ist eben nicht nur ein Problem sozialer Netzwerke. Zunehmend rücken auch die Medien endlich in den Blick, die in der digitalen Hyperaufmerksamkeitsökonomie zunehmend an Qualität verlieren und von den Schreihälsen à la Trump eben auch zu hoffen, mit ihren Schlagzeilen zu profitieren. Leider ist der mediale Fokus auf die Schreihälse aber mehr demokratiezersetzend als demokratieerhaltend.

6. Die USA sind – laut einer Studie aus Princeton – eine Oligarchie, in der Tech-Milliardäre zunehmend Einfluss auf Politik nehmen (Thiel, Musk, Zuckerberg & Co.). Deren (publizistische) Macht ist zunehmend so groß, dass der amerikanische Staat technisch gesehen handlungsunfähig gegenüber den Plattformen ist.

7. Die zunehmende Polarisierung ist demnach auf mehrere Faktoren gleichzeitig zurückzuführen – man muss es eben holistisch sehen: mediale, politische, soziale, wirtschaftliche, technologische, psychologische und kulturelle Faktoren wirken hier zusammen. Es ist halt komplex. 🧠

DisinfoCon Panel: "Disinformation and the US 2024 presidential elections: risks and vulnerabilities".

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Alex Sängerlaub

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